Freitag, 29. August 2008

Tibetische Heilkunde – Erfahrung und Beobachtung

Medizinprofessor in der VHS

http://www.bonn.de/rat_verwaltung_buergerdienste/presseportal/pressemitteilungen/04881/index.html

Die tibetische Heilkunde betrachtet den Menschen als Mikrokosmos im Makrokosmos. Krankheit als gestörtes Gleichgewicht wird vor allem durch unsere inneren Einstellungen wie Ungewissheit, Begierde und Hass verursacht. Anstelle der Verordnung von Arzneien sollen Ernährung und Lebensweise die gestörten Energiesysteme harmonisieren. Was davon für uns im Westen bedeutsam und anwendbar ist, erläutert Prof. Dr. med. Klaus Jork am Donnerstag, 28. August, um 18 Uhr in der VHS in den City-Terrassen, Michaelplatz 5, Bad Godesberg

Aus den Notizen zum Vortrag:

Prof. Dr. med. Klaus Jork hat Medizin, Psychologie und Physik studiert, tätig am Institut für Allgemeinmedizin (IfA) – Klinikum des Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main.
1990 ein Zufall brachte ihm zusammen mit einem tibetischen Arzt. Dies resultierte in einem langfahrigen Austausch und anregender, interessanter Zusammenarbeit.

Viele schöne Bilder aus den Tibetreisen illustrierten den Vortrag.

Grundlagen der tibetischen Medizin (TM)

  • 1. Kultur – Prinzipien für die Handlungen der Menschen
  • 2. Mikrokosmos – Makrokosmos
  • 3. Ursache und Wirkung (Karma) – Was wir denken ist nicht folgenlos.
    Niemand nimmt Sünden ab – nur Eigenverantwortung.
  • 4. Alles entsteht zuerst im Geist!
    Damit ist dieser die Ursache aller Erfahrung, ob gute oder schlechte. Deswegen ist es notwendig, zuallererst zu lernen mit dem Geist zu arbeiten. (Lernen wir das?)
    Heutige Hirnforschung liefert einige Erkenntnisse dazu.
  • 5. Krankheit wird ganz wesentlich durch unsere inneren Einstellungen verursacht.

Ursachen von Krankheiten

(Ungleichheit der 5 Elemente: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Raum)

  • Primäre Ursachen:
    • 1. Unwissenheit bzw. Verblendung, Ignoranz – „Ich“- Wahn, Einbildung, Wahrnehmung, Konstruktionen, etwas was nicht gibt – z. B. ICH
    • 2. Begierde – nach der Erfüllung der Lebenslust
    • 3. Widerwille oder Hass
  • Sekundäre Ursachen:
    • 1. Zeit und Ort
    • 2. Geister (Dämonen des Geistes)
    • 3. Ernährungsfaktoren
    • 4. Verhaltensweisen (Lebensweise)

Nicht die Umstände bestimmen des Menschen Glück oder Unglück, sondern seine Fähigkeit zur Bewältigung der Umstände. Nicht Ereignisse, unsere Reaktionen darauf. (Epiktet lässt grüßen!)

Gesundheit – sich auf das verlassen, was einem entspricht.


Diagnostik: - Methoden

  • 1. Sehen (Zunge, Urin, Ohr)
  • 2. Fühlen (Puls – es gibt etwa 60 Pulsarten zu Unterscheiden)
  • 3. Fragen

Therapie in TM:

  • 1. Ernährung
  • 2. Lebensweise
  • 3. Arzneimittel
  • 4. Massage, Moxibustion

Arzneien beinhalten folgende Elemente:

  • 1. pflanzliche Stoffe
  • 2. Minerale
  • 3. Metalle (manchmal auch Quersilber – deshalb in der Schweiz sind Arzneien der TM verboten)
  • 4. tierische Stoffe (z.B. Büffel Hörner)

Keine Laboruntersuchungen, Heilkunde basiert auf Beobachtung, Einfluss von Ayuveda; Medizinstudium dauert 5-6 Jahre), keine Chirurgie (nachdem eine an Herz operierte Königin nicht überlebte und alle ihre Ärzte ebenso, niemand mehr wollte je wieder einen chirurgischen Messer benutzen.)

Zitat nach einem tibetischen Weisen (teilweise aus dem Gedächtnis des Zuhörers):

Du lebst in Illusion und der Erscheinungswelt der Dinge, aber es gibt eine Wirklichkeit, du bist diese Wirklichkeit, aber du weißt es nicht. Wenn du in dieser Wirklichkeit erwachen wirst, wirst du sehen, dass du nichts bist, nichts seiend bist du alles.

Nur angesprochen in der Fragenrunde:
Salutogenese (Was macht gesund?) von Aaron Antonovsky
Wolf Singer – Forschung mit Positronenemission

Sinngebungsfähigkeit, Sinnfindung sind von großer Bedeutung für die Gesundheit.

Empfohlene Literatur:

1. „Gesundheit durch Harmonie. Einführung in die tibetische Medizin“ - Yeshi Donden

2. „Umarme deine Wut“ - Thich Nhat Hanh (zur Geistesschulung)

Donnerstag, 28. August 2008

Mélancolie, Francis Poulenc

Radio 4 – letzte Stunde des Tages

1. Schumann, Robert - Wehmut
Uit Liederkreis opus 39
Dietrich Fischer-Dieskau, bariton en Gerald Moore, piano
EMI 5 676872

2. Grieg, Edvard - “Heimweh”
Uit Lyrische stukken opus 57
Cyprien Katsaris, piano
Teldec 8.42925 ZK

3. Beethoven, Ludwig van - Wonne der Wehmut, opus 83 nr. 1
Christoph Prégardien, tenor en
Andreas Staier, fortepiano
Teldec 3984 21473-2

4. Schubert, Franz - Wonne der Wehmut D 260
Dietrich Fischer-Dieskau, bariton
Gerald Moore, piano
Deutsche Grammophon 457 7472

5. Schumann, Robert - Langsam, mit melancholischer Ausdruck
4e deel uit “Märchenbilder” opus 113
Yuri Bashmet, altviool
Mikhail Muntian, piano
RCA RD 60112

6. Brahms, Johannes - "Heimweh"
Nr. 8 uit Liederen opus 63
Anne Sofie von Otter, mezzosopraan
Bengt Forsberg, piano
Deutsche Grammophon 4297 272

7. Villa-Lobos, Heitor - 5e deel (Melancolia) uit het Strijkkwartet nr. 1
Kwartet Latino Americano
Dorian DOR 90205

8. Poulenc, Francis - Mélancolie
Pascal Rogé, piano
Decca 475 70972

9. Tsjaikofsky, Pjotr Iljitsj - Serenade voor viool en orkest opus 26 in bes kl.t.
“Serenade mélancholique”
Maxim Vengerov, viool
London Symphony Orchestra o.l.v. Mstislav Rostropowitsj
EMI 5 56966 2

10. Rodrigo, Joaquin - Sonada de adios
Katona Twins
Channel Classics CCS 16698

11. Piazzola, Astor - Adios nonino
Astor Piazzola, bandoneon
EMI 7243 8132521

Dienstag, 26. August 2008

25 für 80

Die Umverteilung funktioniert

Von Holger Steltzner
25. August 2008

Ein Viertel der Steuerpflichtigen zahlt vier Fünftel der Lohn- und Einkommensteuer. Das Statistische Bundesamt bestätigt den Befund des Armutsberichts der Bundesregierung, dass in Deutschland die Umverteilung über das Steuersystem funktioniert.

Wer monatlich mehr als 3125 Euro verdient, zählt zur besserverdienenden Minderheit. Dieser überschaubare Kreis der Leistungsträger finanziert den deutschen Sozialstaat, führt selbst kein Luxusleben, strengt sich täglich an und stellt am Ende eines jeden Monats fest, dass sich Leistung in diesem Land kaum noch lohnt.

Führung der Linken will Leistungsträger noch mehr schröpfen

Doch darum scheren sich die Umverteiler unter den Politikern nicht. Unter Führung der Linken wird laut die angeblich große soziale Schieflage beklagt, um die Leistungsträger noch stärker zu schröpfen. Weil die in der Minderheit sind, haben sie auch von den anderen Parteien nicht viel zu erwarten.

Früher wurde wie heute in Bayern vor Wahlen gern mehr Netto vom Brutto versprochen, aber selten geliefert. Ob die Noch-Volksparteien damit wieder in den Wahlkampf 2009 ziehen werden? Oder werden diesmal auch sie die Umverteilungskarte spielen? Dann hätten die Leistungsträger schon verloren.


Text: F.A.Z.

Sonntag, 24. August 2008

Vortrag von Dr. Bernhard Bueb in der Tele-Akademie

Dr. Bernhard Bueb:
Lob der Disziplin

Sendezeit: So. 24.08.2008, 08:30h,
Tele-Akademie http://www.planet-schule.de/ta/php/index.php
Erstausstrahlung: So. 10.02.2008

Fernsehen und Computer, Konsum und Langeweile, Egozentrik, geringe Leistungsbereitschaft und geringe Frustrationstoleranz, und auf der anderen Seite hilflose, unsichere, überforderte Eltern – immer wieder fallen diese Schlagworte, wenn vom Bildungs- und Erziehungsnotstand in Deutschland die Rede ist. Mit seiner Forderung nach mehr Disziplin hat Bernhard Bueb unlängst offenbar den Nerv der Zeit getroffen und eine kontroverse Debatte über die richtigen Methoden der Erziehung ausgelöst. Vehement plädiert er für mehr Autorität, Strenge und Konsequenz im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, für klare Rituale, klare Grenzen und klare Strafen bei Nichteinhaltung der Regeln. Nur so könnten junge Menschen wieder lernen, zu verzichten, zusammenzuarbeiten, mit Frustrationen fertig zu werden und so schließlich wieder Vertrauen in die eigenen Kräfte gewinnen. Dr. Bernhard Bueb leitete 30 Jahre lang die renommierte Internatsschule Schloss Salem.


Aus den Notizen zum Vortrag:

Verweis auf Neil Postman – „Das Verschwinden der Kindheit“

Keine Kindheit heute - Jugend nicht geschützt – wie im Mittelalter durch gegenwärtige Gewalt, heute besonders durch die Medien

Medien: Gewalt, Sexismus, Geld-Abhängigkeit, selbst Sport – ist nur die Macht des Geldes;

Ohne Religion, ohne Hoffnung, ohne Glauben an den Sieg des Guten
68-ziger (Kinder aus guten Häusern) – waren Kinder von Karl Marx und Cocacola
Heute ist nur Cocacola geblieben, Orientierung an den Konsum.

Haltung von heute (wo kein Glaube an die Zukunft da ist):

ICH – ALLES – SOFORT

Kinder erleben Auflösung der menschlichen Werte und Bindungen

Sinn, Orientierung und Schutzraum für Kinder wurden aufgehoben.
Sinngebende Institutionen fehlen.

Um Widerstand leisten zu können - muss man Selbstwertgefühl stärken, Charakterbildung ist nötig, Glücksgefühl der Anstrengung erleben und lernen.

Dies ist das Ziel und der Prinzip der Erziehung in Salem.

Dazu werden dort folgende Faktoren eingesetzt:

1. Gleichartigenfaktor – gemeinsame Regelung gemeinsamer Verhältnisse (wie das auch das Ziel der Politik sein sollte) – Schule des politischen Handelns; Gruppen jüngerer Schüller werden durch selbst gewählte ältere Schüller betreut. Mut das Rechterkannte durchzusetzen (Politik), Handeln, Glück der Anstrengung, Lernen nicht bei Belehrung, sondern „Learning by doing“

2. Öffentlicher/sozialer Dienst – Hilfe and andere leisten – an einem Tag der Woche am Nachmittag Sozialstunden ableisten.

3. Erlebnis-Pädagogik (80% der Probleme entstehen durch die Schule selbst): Kinder /Jugendliche brauchen etwas zu erleben. Weg in die „Wildnis“ für 14 Tage – ohne festen Dach über den Kopf durchzukommen. Kosten bis höchstens 600 Euro mit Anreise (z.B. benachbartes Frankreich)

Strafen werden auch verhängt. Regeln für die Strafen:
1. Definiert – vorher bekannt
2. Verhältnismäßig
3. Schnell eingesetzt
4. Wenn abgedeckt – vergessen

In Salem werden Urinproben zufällig täglich auf Drogen untersucht (auch Alkoholgeräte sind im Einsatz) - Technik hilft - Messbare Nachweise – keine Unsicherheiten.
Solche Delikte werden mit Verlassen des Internats (nach einem Aufsuchen eines Ersatzinternats) als Konsequenz haben.

Mangel an gestaltender Gemeinschaft - in Salem Gemeinschaftserziehung
Viele Einzelkinder – Anspruchshaltung überwinden

Wenn B. Bueb Kultusminister wäre:
1. Die Person des Lehrers als „der Dreh- und Angelpunkt“ der Schule ist von größter Bedeutung.

2. Ganztagsschulen einführen – Lehrer mit den Kindern bis 17 Uhr – sie kennen lernen in anderen Aktivitäten als nur im Unterricht. Lehrer sollten auch Beratungsgespräche für die Eltern führen können. Dazu müssten sie geschult werden. Kinder brauchen Lehrer die an sie glauben!

3. Für Lehrer – Beratung von den Kollegen holen, regen Austausch führen (heute seien Lehrer „individuelle Künstler“), offen Probleme ansprechen, Rat holen. (Die Türe der Klassenräume sollen offen stehen können).

4. Jahrgangteams einführen;
Lehrer – der schönste Beruf – Menschenführer in den Weg der Erkenntnis.

Dafür braucht man viel, viel Geld, ein hoch entwickeltes Land wie Deutschland müsste es schaffen: Denn das sei die Ausgabe, in die es sich lohne zu investieren – meint Dr. Bernhard Bueb.

Mittwoch, 13. August 2008

Glückliche Liebe (Miłość szczęśliwa) von Wisława Szymborska

Wisława Szymborska

Glückliche Liebe

Glückliche Liebe. Ist das normal
und ernstzunehmen und nützlich –
was hat die Welt von zwei Menschen,
die diese Welt nicht sehen?

Zu sich erhoben ohne jedes Verdienst,
die ersten besten von einer Million, allerdings überzeugt,
es habe so kommen müssen – als Preis wofür? für nichts.
Von nirgendwoher fällt Licht –
Weshalb gerade auf die und nicht andre?
Beleidigt es nicht die Gerechtigkeit? Ja.
Verletzt es nicht alle sorgsam aufgetürmten Prinzipien,
stürzt die Moral nicht vom Gipfel? Es verletzt und stürzt.

Seht sie euch an, diese Glücklichen:
Wenn sie sich wenigstens verstellten,
Niedergeschlagenheit spielten, damit die Freunde auf ihre Kosten kämen!
Hört, wie sie lachen - kränkend.
Mit welcher Zunge sie sprechen – scheinbar verständlich.
Und diese ihre Zeremonien, Zierereien,
die findigen Pflichten gegeneinander –
es ist wie eine Verschwörung hinter dem Rücken der Menschheit!

Schwer zu ahnen, was geschähe,
machte ihr Beispiel Schule,
worauf Religion und Dichtung noch bauen könnten.
Was hielte man fest, was ließe man sein,
wer bliebe denn noch im Kreis?

Glückliche Liebe. Muß das denn sein?
Takt und Vernunft gebieten, sie zu verschweigen
Wie einen Skandal in den besseren Kreisen des LEBENS.
Prächtige Babies werden ohne ihr Zutun geboren.
Sie könnte die Erde, da sie so selten vorkommt,
niemals bevölkern.

So mögen alle, denen die glückliche Liebe fremd ist,
behaupten, es gäbe sie nicht.

Mit diesem Glauben leben und sterben sie leichter.


MIŁOŚĆ SZCZĘŚLIWA
Miłość szczęśliwa. Czy to jest normalne,
czy to poważne, czy to pożyteczne -
co świat ma z dwojga ludzi,
którzy nie widzą świata?

Wywyższeni ku sobie bez żadnej zasługi,
pierwsi lepsi z miliona, ale przekonani,
że tak stać się musiało - w nagrodę za co? za nic;
światło pada znikąd -
dlaczego właśnie na tych, a nie innych?
Czy to obraża sprawiedliwość? Tak.
Czy narusza troskliwie piętrzone zasady,
strąca ze szczytu morał? Narusza i strąca.

Spójrzcie na tych szczęśliwych:
gdyby się chociaż maskowali trochę,
udawali zgnębienie krzepiąc tym przyjaciół!
Słuchajcie, jak się śmieją - obraźliwie.
Jakim językiem mówią - zrozumiałym na pozór.
A te ich ceremonie, ceregiele,
Wymyślne obowiązki względem siebie -
wygląda to na zmowę za plecami ludzkości!

Trudno nawet przewidzieć, do czego by doszło,
gdyby ich przykład dał się naśladować.
Na co liczyć by mogły religie, poezje,
o czym by pamiętano, czego zaniechano,
kto by chciał zostać w kręgu.

Miłość szczęśliwa. Czy to jest konieczne?
Takt i rozsądek każą milczeć o niej
jak o skandalu z wysokich sfer Życia.
Wspaniałe dziatki rodzą się bez jej pomocy.
Przenigdy nie zdołałaby zaludnić ziemi,
zdarza się przecież rzadko.

Niech ludzie nie znający miłości szczęśliwej
twierdzą, że nigdzie nie ma miłości szczęśliwej

Z tą wiarą lżej im będzie i żyć, i umierać.

Sonntag, 10. August 2008

Otello, Unabhängigkeit , Abhängigkeit

A propos Otello (oder Othello - läuft gerade noch auf 3sat) sowie Ehe, Liebe, Betrug, Eifersucht – weniger opernhart, mehr realitätsnahe:

Ausschnitte aus dem 7. Kapitel „Wenn zwei sich streiten, nützt der Dritte auch nichts“ des Buches „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ von Eva-Maria Zurhorst, dessen Motto heißt:

Ich werde erobert,
besiegt und entmachtet.
Von der Liebe.

Der Betrogene ist zuerst gegangen

Wenn der eine geht, ist der andere meist schon längst gegangen. Das ist eine Tatsache, die wir oft nicht wahrhaben wollen. Lieber lassen wir uns zu einer klaren Verurteilung hinreißen: Der, der betrügt, ist böse, und der, der betrogen wird, ist gut. Der Betrogene ist meiner Erfahrung nach aber jemand, der sich selbst häufig verrät. Jemand, der nicht wirklich für sich und seinen Glauben einsteht. Jemand, der in sehr hohen und sehr theoretischen Ansprüchen an Partnerschaft und Beziehung verharrt. Jemand, der sich nicht wirklich einlässt auf den real existierenden, fehlerhaften und unzulänglichen Partner. Der Betrogenen fühlt sich meist schon lange auf die eine oder andere Art unfreiwillig abhängig von seinem Partner, traut sich aber nicht, dieser Abhängigkeit entgegenzutreten, sich verletzlich zu machen und wider mutig der eigenen Wahrheit zu folgen und der eigenen Kraft zu vertrauen.

Und der, der betrügt? Häufig schildern die, die fremdgehen, ihre innere Situation so: »Endlich habe ich mich einmal bestätigt gefühlt. Endlich konnte ich mich einmal fallen lassen. Hier musste ich nicht mehr vor irgendeinem Anspruch bestehen.. « Ein in eine Dreiecksbeziehung verwickelter Mann zeigte sich in unseren Gesprächen von sich selbst überrascht: «Am Anfang dachte ich, ich bräuchte nur mal wieder guten Sex. Aber dann habe ich gemerkt dass in Wahrheit mein Herz auf der Suche war. Zwischen meiner Frau und mir ist es nicht richtig warm geworden. AM Anfang war es vielleicht mal heiß – aber nie war es wirklich warm zwischen uns.»

Im Bett eines anderen landen wir meist dann, wenn unsere Gefühle im Innenraum unserer Ehe zu lang angesaut waren. Wenn wir etwas Wichtiges von uns dort nicht gezeigt und gelebt haben, sucht sich unsere Lebenskraft einen Ausweg. Wie durch ein Leck fließt sie aus unserer Beziehung irgendwann heraus und führt uns direkt dorthin, wo sie wieder eine lebendige Verbindung eingehen kann - wir schlingern hinein in eine Affäre. Die Dreiecksbeziehung entseht fast immer, wenn wir uns im Inneren vor unserem Partner und seinem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Druck, unseren eigenen Hemmungen, unserem Gefühl der Unzulänglichkeit und inneren Leere verdrücken; wenn wir nicht wirklich verbindlich und nicht bereit zur Heilungsarbeit sind. Mit einer Dreiecksbeziehung geben wir unserer inneren Angst vor echter Nähe einen äußern Ausdruck. Der Dritte im Bunde taucht selten zufällig in unserem Leben auf, sondern meist erst dann, wenn wir mit unserem eigentlichen Partner längst in Sprachlosigkeit erstarrt oder in dauerndem Machtkämpen verstrickt sind.

Wenn wir uns dann da draußen endlich wild, lebendig, inspiriert und leidenschaftlich erleben, sind wir auch gleichzeitig resigniert und enttäuscht: »Das alles fehlt unserem Partner.. Das haben wir schon so lange vermisst.« Der letzte Satz stimmt. Aber der erste nicht! Das alles fehlt nicht unserem Partner, sondern unserer Partnerschaft – all die Lebendigkeit, Wildheit, Leidenschaft und Inspiration. Wir haben es vermisst. JA! Und zwar deshalb, weil wir uns all diese Gefühle schon so lange nicht mehr erlaubt haben. Wir sind auf Nummer sicher gegangen, haben uns angepasst, haben runtergeschluckt, uns selbst betäubt, verdrängt, aufgegeben, den Mut verloren und der Routine und unserer Gewöhntheit die Führung unserer Beziehung überlassen. Jetzt kommt ein Fremder daher, von dem wir glauben, er habe uns all diese wunderbaren Zustände verschafft, er sei für alles verantwortlich. In Wahrheit lassen wir uns nur wieder ein, sind wir wieder spontan, wagen wir wieder ein Risiko. Und deshalb erleben wir mit dem Fremden etwas, das wir uns in unsere Ehe nicht getraut haben zu geben.

Wenn der Dritte im Bunde erscheint, ist es höchste Zeit nicht für die Entscheidung für den einen oder den anderen, sondern für die Wahrheit. Gehen Sie zu Ihrem Partner, setzen Sie sich vor ihm hin und offenbaren Sie sich. Stellen Sie sich ein Textformular vor, in dem es Leerklammern gibt. Immer da, wo sie an (den Geliebten) denken, seien Sie dankbar für all das, was Sie im Zusammensein mit ihm von sich selbst wieder entdecken konnten. Studieren Sie all diese aufgetauchten oder widergekehrten Gefühle so genau Sie können. Aber dann wetzen Sie überall dort, wo Sie (mein Geliebter) denken, (meine Sehnsucht) oder (meine ungelebten Seiten) ein. Erzählen Sie Ihrem Partner offenherzig und schonungslos von Ihren Sehnsüchten und ungelebten Seiten, von dem, was Sie fühlen und erleben möchten. Das erfordert meist die Courage wie beim Sprung von einer hohen Klippe – aber wenn Sie ganz bei Ihrer Sehnsucht, bei der Offenbarung all Ihrer Träume und Fantasien bleiben, werden Sie sich wundern, wie viel Nähe, Lebendigkeit und offner Raum nach dem Sprung in die Angst und den Schmerz plötzlich entsehen.


In der Dreiecksbeziehung haben drei Angst vor Nähe

Das Dreiecksdilemma schreit eigentlich immer nach einer mutigen und echten Offenbarung und Annäherung. Wenn es auftaucht, dann vereinigt es immer drei Menschen miteinander, die ihren nächsten großen Heilung- und Entwicklungsschritt im Leben vor sich herschieben. Alle drei!!! am Dreieck Beteiligten sind in Wahrheit aufgefordert,
sich jeder für sich mit seinen Ängsten vor Verpflichtung und vor echter Nähe zu konfrontieren. Eine gesunde Partnerschaft braucht eigentlich zwei Menschen, aus deren stetiger Öffnung und Entwicklung sich immer wieder neu ein größeres Ganzes ergibt. Werden von diesen beiden Partnern wichtige, tragende Teile der Beziehung nicht gelebt, alte Verletzungen verdrängt und neue risikobehaftete Entwicklungen nicht zugelassen, fehlt der Partnerschaft etwas. Dieser „leere“ Teil wirkt wie ein Vakuum und sorgt so lange für Unterdruck, bis er – gegebenenfalls eben durch einen Dritten – gefüllt wird. Dann ist das System wieder komplett – wenn auch noch nicht intakt. Im Falle einer Dreiecksbeziehung ergeben drei Menschen dort zusammen hundert Prozent, wo zwei vielleicht nur fünfzig oder sechzig Prozent ergeben.

Der Dritte im Bunde verkörpert all das, was der Betrogene nicht auslebt. Nichts will der Betrogenen natürlich weniger wahrhaben, als dass der böse Dritte auch nur im Geringsten etwas mit ihm zu tun haben könnte. Mit diesem Menschen will er nicht reden, sich nicht auseinander setzen, nicht konfrontier werden – er soll einfach nur weg. Dieser Mensch lebt aber etwas aus, was dem Betrogenen zu seiner Ganzheit fehlt – ob er es nun wahrhaben will oder nicht. Deshalb ermutige ich die Betrogenen immer wieder zur möglichst ehrlichen inneren Auseinandersetzung mit dem Dritten im Bunde, dem wiederum natürlich all das in seiner Entwicklung so fehlt, was der Betrogene verkörpert. Beide – der Betrogenen und der Dritte im Bunde – sind meinst völlig aus ihrer Balance geraten, nur in jeweils entgegenbesetzen Richtungen.

Und der in der Mitte hätte schon lange in seiner ursprünglichen Beziehung in die Kommunikation und Konfrontation gehen sollen. Seine Aufgabe wäre es gewesen, Vorreiter zu sein, Neues in seiner Beziehung zu wagen, neue Richtungen aufzuzeigen, alten Verhaltensballast über Bord zu werfen und seinen Partner und gegebenenfalls die ganze Familie mit Geduld und unermüdlichem Engagement im täglichen Leben zu inspirieren und auf eine neue Ebene zu führen. Aber stattdessen läuft er vor dieser Verantwortung davon und bleibt dabei, sich lieber etwas vorzumachen und von idealen Partnerschaften besonderen Beziehungen, einem anderen Leben zu träumen und immer neuen Hoffnungen hinterherzujagen.

Wenn der Geliebte dann in sein Leben tritt, sagt er: Dieser Mensch ist so besonders, so inspirierend, so befreiend und einzigartig, dass sich alles in mir lebendig anfühlt. Aber er erkennt nicht, dass es die besonderen, einzigartigen Umstände sind, die alle so lebendig machen. Das wirklich Besondere, Einzigartige und Inspirierende ist, das er – zumindest zu Beginn – mit diesem Menschen im Augenblick lebt, ohne Ansammlungen von alten Erinnerungen, ehemaligen schlechten Erfahrung und Ansprüchen. Wenn es um den höchsten Seinszustand eine Menschen geht, landet jeder ernst zu nehmende, spirituelle Weg im Hier und Jetzt, spricht er von der Erleuchtung des Lebens im Augenblick.

In unserem normalen Leben, in unserer gewohnten Umgebung, in unserer vertrauten Beziehung nehmen wir den Augenblick kaum noch wahr. Wir vermeiden alles Mögliche, das wir bereits irgendwann einmal als schlecht oder schmerzlich erfahren haben. Wir träumen von allem Möglichtchen, das es noch zu erreichen gilt, weil dort unser Glück auf ns wartet. Wir haben alle möglichen Urteile und Vorstellungen wie etwas zu sei hat. Das Ergebnis ist: Wir haben unsere Partnerschaft zu Tode geplant und jegliche Lebendigkeit wegkontrolliert. Wir haben uns mit all unseren alten Ängsten und Ansprüchen gegenseitig so lange gelähmt, bis wir uns einander zwar einigermaßen sicher, dafür aber von jeglichem natürlichen Fluss abgeschnitten waren. Wir leben nicht mehr mit dem Menschen an unserer Seite, sondern mit unserem Bild von einem Partner – dem der Mensch an unserer Seite nur leider nicht gerecht wird.

Manchmal können wir dieses fast magische Phänomen – dieses Spiel, das unser Geist mit uns treibt – auch im Zeitraffer mit einem Geliebten erleben. Einmal kam eine Frau einige Zeit nach ihrer Affäre und ihrer Rückkehr in ihre Ehe zu mir in die Praxis. Sie hatte zufällig ihren einstigen Geliebten getroffen und dabei einen Lachanfall gehabt. Diese Begegnung war ihr peinlich, und gleichzeitig empfand sie sie als unglaublich befreiend: „Ich muss blind und taub gewesen sein. Damals war ich mir sicher, dass dieser Mann außergewöhnlich anziehen und übe alle Maßen attraktiv war. Jetzt, als ich ihn wiedersah, war es, als o die Wirkung einer Droge nachgelassen hätte: Ich sah einen dürren, schlecht angezogenen Allerweltsmann, der beim Sprechen einen starken Akzent hatte, wie ich ihn noch nie mochte. Irgendwann konnte ich ich mehr anders: Ich musste laut loslachen über dieses Erwachen aus einem Traum.

Von der Ehepartner-Raupe zum Geliebten-Schmetterling
(...)

Nur Unabhängigkeit ist schlimmer als Abhängigkeit

Hören Sie auf, unabhängig zu sein. Wissen Sie, was schlimmer ist als Abhängigkeit? Die Antwort lautet: Unabhängigkeit – weil sie der permanente Versuch ist, nicht abhängig tu sein. Verpflichten Sie sich Ihrem Partner ganz und gar. Damit ist aber nicht ausgedörrte, pflichtbewusste Treue gemeint. Sie sind vielleicht schon eine kleine Ewigkeit zusammen, aber Sie trauen sich nicht zu sagen, wie es wirklich in Ihnen aussieht. Das Fatale daran ist nur, dass jedes unausgedrückte oder gar verschwiegene Gefühl sich wie eine Wand zwischen Sie beide schiebt und eine tiefere Intimität verhindert. So spielen Sie uneingestanden Machtspiele und kämpfen ebenso unausgesprochen um Anerkennung wund Zuneigung. Und - was Ihnen wahrscheinlich am allerwenigsten bewusst ist: Sie konkurrieren – Sie wollen besser sein als Ihr Partner, damit dieser Sie nicht verletzen kann. Seien Sie mutig, und zeigen Sie Ihre Abhängigkeit und Angst. Ihre Beziehung kann nur gemeinsam geheilt und transformiert werden.

Wahre Heilung beginnt für einen Menschen erst mit wahrer Selbstverpflichtung zu einem anderen Menschen. Wirkliche Heilung einer Dreiecksbeziehung findet ihren Anfang in einem tiefen Wunsch nach Wahrheit und Mut, sich verletzlich zu zeigen. Was dann folgt, gleicht meinst einem ausgiebigen Spaziergang durch die Wüste: Verletzung und erneuter Verrat wechseln einander ab. Die mühselige Phase der Öffnung und Kommunikation scheint endlos zu zäh. Immer wieder taucht der Wunsch auf, einfach alles hinzuschmeißen. Genauso oft taucht die Versuchung auf, doch noch auf einen Traumpartner und auf eine ideale Lösung von außen zu hoffen. Aber wer immer wieder beim anderen daran glaubt, dass er all das in sich birgt, was für eine erfüllende Beziehung nötig ist, wird genau diese Eigenschaften in ihm wecken. Und so wird sich das einstige Loch, durch das ein Dritter in die Beziehung schüfen konnte, mit Wahrheit und Lebendigkeit füllen

Kürzlich hatte ich ein wunderbares Erlebnis. Ich war einige Tage beruflich alleine unterwegs. An einem der Abende dort war ich mit einem Mann verabredet, den ich vorher zweimal gesehen hatte aber nicht wirklich kannte. Wir gingen miteinander zum Essen, um dort einige berufliche Dinge zu besprechen. Ich hatte so etwas ewig nicht mehr erlebt: Aber einige Sätze reichten, und es lag was in der Luft. Wir lachten, als ob wir uns ewig kennen würden. Wir redeten über Berufliches ungewöhnlich offen und vertraut und forderten uns verbal heraus. Es begann regelrecht zu knistern am Tisch. Es war ein herrlich beschwingter Zustand, den ich unendlich genoss. Ich fühlte mich leicht, weiblich und von einem klugen und attraktiven Mann offensichtlich verehrt.

Das alles war wohltuend und erhebend. Wahrheft besonders war für mich aber etwas ganz anderes: Ich war frei. Ich fühlte mich völlig frei, diese Zuneigung eines fremden Mannes zu genießen. Und ich konnte sogar über diesen Umstand offen reden: Ob er merken würde, was hier am Tisch gerade unausgesprochen geschähe?, fragte ich den Mann. Er lächelte und nickte. Ohne Vorwarnung sagt ich ihm, wie angenehm ich es fände, von ihm umgarnt zu werden. Er war überrascht von meiner Offenheit. Wie zur Belohnung bekam ich im Gegenzug für diese Offenheit gleich einige äußerst schmeichelnde und treffsichere Komplimente. Ich genoss auch dies über alle Maßen und fragte den Mann, ob er wissen wolle, wieso ich so offen mit ihm über all das reden könne? Er wollte. Ich könne mich deswegen so beschwingt und frei fühlen, mich so offen auf diese Zuwendung einlassen, weil ich mich so tief mit meinem Mann verbunden fühle. Das wahrhaft herrlichste Gefühl von allen sei, dass ich genau deshalb weder Schuld noch Scham empfinden müsse, dass ich ihm genau deshalb so offen und weiblich begegnen könne. Dieser Mann war genau der Richtige für eine solche belebende Begegnung gewesen, denn er verstand sofort, was ich meinte.“