Wie könnten die Sätze, die Epiktet als „die Summe der Weisheit“ (siehe Eintrag vom 11. Februar) bezeichnet, heute gelesen und verstanden werden?
Vielleicht so:
Es gibt Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben, z.B. wer unsere Elften sind, ob wir gesund oder Krank sind, ob wir mehr oder weniger intelligent sind, wo sind wir zur Schule gegangen, wo sind wir aufgewachsen, ob und wie viele Geschwister wir haben, und so weiter.... alles das kann von uns nicht beeinflusst werden. Auch der Zufall und zufällige Begebenheiten und Begegnungen entziehen sich unserem Einfluss – z.B. welche Lehrer uns unterrichtet haben, wie sind die Menschen, die wir auf unseren Wegen begegnen. („wenn es den Göttern also beliebt, so mag's geschehen“). Epiktet sagt dazu auch:
„Einige Dinge sind in unserer Gewalt, andere nicht. In unserer Gewalt sind: Meinung, Trieb, Begierde, Widerwille: kurz: Alles, was unser eigenes Werk ist. – Nicht in unserer Gewalt sind: Leib, Vermögen, Ansehen, Aemter, kurz: Alles, was nicht unser eigenes Werk ist.“
Wir können auch nicht unsere Vergänglichkeit stoppen, das Älterwerden unseres Körpers, das „Verschleißen“, dem wir Tag für Tag umgesetzt sind. Wobwohl durch unsere Gedanken und Taten können wir die Geschwindigkeit diese Prozesse sehr negativ oder positiv beeinflussen – z.B. Rauchen, Alkohol, Schlafmangel, Sport, Ernährung, Selbstdisziplin. Wir sind auch den Schicksalsschlägern (wie z.b. der Tod eines lieben Menschen, Naturkatastrophen, Unfälle, Krankheiten), die uns Heimsuchen, hilflos ausgeliefert und so oft mit der Tatsache konfrontiert, dass ALLES vergeht – so auch das Schöne, ja, insbesondere auch das, was uns erfreut hat – es fängt schon mit dem Ende des Kindergartens an, dann die Grundschule, das Gymnasium, das Studium, der Urlaub, die unbeschwerte Jugend, das frei und ungebunden Sein, dann auch die Zeiten der Berufstätigkeit, die für viele von größer Bedeutung ist. Abschiede werden uns nicht erspart, selbst die Elternrolle ist vergänglich, da die Kinder wachsen und selbständig werden. Es ist nicht ganz einfach, das Loslassen zu lernen. Oft erleben wir auch, dass etwas, was wir uns in unseren Kopf gesetzt haben und so sehr wünschen, SO eben NICHT LAUFEN WILL, oder wenn wir die Folgen unseres Handelns nicht richtig bedacht haben und nun uns den Tatsachen stehen finden, die uns als schlecht erscheinen („Ich will euch folgen ohne Zögern; wollt' ich's nicht, Wär' ich ein Feigling; aber folgen müßt' ich doch.“ und „wer das Unvermeidliche mit Würde trägt“). Epiktet sagt dazu auch:
„Und die Dinge, welche in unserer Gewalt stehen, sind von Natur frei; sie können nicht verhindert, noch in Fesseln geschlagen werden. Die Dinge aber, welche nicht in unserer Gewalt stehen, sind schwach, und völlig abhängig; sie können verhindert und entfremdet werden.“
Wir brauchen uns aber nicht in Verzweiflung zu stürzen, nein! Wir haben die Möglichkeit, in jeder Lebenslage unsere Gedanken so zu lenken, dass wir auch in eben dieser Lage für uns ein Vorteil finden. Denn eben die eigenen Gedanken das einzige Gut ist, das uns tatsächlich und immer gehört. Und nicht nur die eigenen Gedanke sind unsere, es sind ebenso unsere Handlungen, unser Aktivität, unser Taten, die wir darauf richten sollen, uns gut zu tun. Denn, wie es heißt:
„Jeder ist seines eigenen Glücks Schmied“.
Und wenn uns der Hammer aus de Hand fällt, was ja auch passieren kann, dann müssen wir schauen, wie wir ihn möglichst schnell in die eigne Hände wieder bekommen (... können mich zwar töten, aber mir schaden, – das können sie nicht).
Epiktet sagt dazu auch:
„Wofern du nun Dinge, die von Natur völlig abhängig sind, für frei, und Fremdes für Eigenthum ansiehst, so vergiß nicht, daß du auf Hindernisse stoßen, in Trauer und Unruhe gerathen, und Götter und Menschen anklagen wirst. Wenn du aber nur, was wirklich dein ist, als dein Eigenthum betrachtest, das Fremde aber so, wie es ist, als Fremdes, so wird dir niemand je Zwang anthun, niemand wird dich hindern; du wirst keinen schelten, keinen anklagen, wirst nichts thun wider Willen, niemand wird dich kränken, du wirst keinen Feind haben, kurz: du wirst keinerlei Schaden leiden.“ und „Ein Herr über alles ist der, welcher die Macht hat, das, was er will, oder nicht will, anzuschaffen oder wegzuschaffen.“
Weiterhin gilt die Buch-Empfehlung: Epiktet „Wege zum glücklichen Handeln“