Sonntag, 10. August 2008

Otello, Unabhängigkeit , Abhängigkeit

A propos Otello (oder Othello - läuft gerade noch auf 3sat) sowie Ehe, Liebe, Betrug, Eifersucht – weniger opernhart, mehr realitätsnahe:

Ausschnitte aus dem 7. Kapitel „Wenn zwei sich streiten, nützt der Dritte auch nichts“ des Buches „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ von Eva-Maria Zurhorst, dessen Motto heißt:

Ich werde erobert,
besiegt und entmachtet.
Von der Liebe.

Der Betrogene ist zuerst gegangen

Wenn der eine geht, ist der andere meist schon längst gegangen. Das ist eine Tatsache, die wir oft nicht wahrhaben wollen. Lieber lassen wir uns zu einer klaren Verurteilung hinreißen: Der, der betrügt, ist böse, und der, der betrogen wird, ist gut. Der Betrogene ist meiner Erfahrung nach aber jemand, der sich selbst häufig verrät. Jemand, der nicht wirklich für sich und seinen Glauben einsteht. Jemand, der in sehr hohen und sehr theoretischen Ansprüchen an Partnerschaft und Beziehung verharrt. Jemand, der sich nicht wirklich einlässt auf den real existierenden, fehlerhaften und unzulänglichen Partner. Der Betrogenen fühlt sich meist schon lange auf die eine oder andere Art unfreiwillig abhängig von seinem Partner, traut sich aber nicht, dieser Abhängigkeit entgegenzutreten, sich verletzlich zu machen und wider mutig der eigenen Wahrheit zu folgen und der eigenen Kraft zu vertrauen.

Und der, der betrügt? Häufig schildern die, die fremdgehen, ihre innere Situation so: »Endlich habe ich mich einmal bestätigt gefühlt. Endlich konnte ich mich einmal fallen lassen. Hier musste ich nicht mehr vor irgendeinem Anspruch bestehen.. « Ein in eine Dreiecksbeziehung verwickelter Mann zeigte sich in unseren Gesprächen von sich selbst überrascht: «Am Anfang dachte ich, ich bräuchte nur mal wieder guten Sex. Aber dann habe ich gemerkt dass in Wahrheit mein Herz auf der Suche war. Zwischen meiner Frau und mir ist es nicht richtig warm geworden. AM Anfang war es vielleicht mal heiß – aber nie war es wirklich warm zwischen uns.»

Im Bett eines anderen landen wir meist dann, wenn unsere Gefühle im Innenraum unserer Ehe zu lang angesaut waren. Wenn wir etwas Wichtiges von uns dort nicht gezeigt und gelebt haben, sucht sich unsere Lebenskraft einen Ausweg. Wie durch ein Leck fließt sie aus unserer Beziehung irgendwann heraus und führt uns direkt dorthin, wo sie wieder eine lebendige Verbindung eingehen kann - wir schlingern hinein in eine Affäre. Die Dreiecksbeziehung entseht fast immer, wenn wir uns im Inneren vor unserem Partner und seinem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Druck, unseren eigenen Hemmungen, unserem Gefühl der Unzulänglichkeit und inneren Leere verdrücken; wenn wir nicht wirklich verbindlich und nicht bereit zur Heilungsarbeit sind. Mit einer Dreiecksbeziehung geben wir unserer inneren Angst vor echter Nähe einen äußern Ausdruck. Der Dritte im Bunde taucht selten zufällig in unserem Leben auf, sondern meist erst dann, wenn wir mit unserem eigentlichen Partner längst in Sprachlosigkeit erstarrt oder in dauerndem Machtkämpen verstrickt sind.

Wenn wir uns dann da draußen endlich wild, lebendig, inspiriert und leidenschaftlich erleben, sind wir auch gleichzeitig resigniert und enttäuscht: »Das alles fehlt unserem Partner.. Das haben wir schon so lange vermisst.« Der letzte Satz stimmt. Aber der erste nicht! Das alles fehlt nicht unserem Partner, sondern unserer Partnerschaft – all die Lebendigkeit, Wildheit, Leidenschaft und Inspiration. Wir haben es vermisst. JA! Und zwar deshalb, weil wir uns all diese Gefühle schon so lange nicht mehr erlaubt haben. Wir sind auf Nummer sicher gegangen, haben uns angepasst, haben runtergeschluckt, uns selbst betäubt, verdrängt, aufgegeben, den Mut verloren und der Routine und unserer Gewöhntheit die Führung unserer Beziehung überlassen. Jetzt kommt ein Fremder daher, von dem wir glauben, er habe uns all diese wunderbaren Zustände verschafft, er sei für alles verantwortlich. In Wahrheit lassen wir uns nur wieder ein, sind wir wieder spontan, wagen wir wieder ein Risiko. Und deshalb erleben wir mit dem Fremden etwas, das wir uns in unsere Ehe nicht getraut haben zu geben.

Wenn der Dritte im Bunde erscheint, ist es höchste Zeit nicht für die Entscheidung für den einen oder den anderen, sondern für die Wahrheit. Gehen Sie zu Ihrem Partner, setzen Sie sich vor ihm hin und offenbaren Sie sich. Stellen Sie sich ein Textformular vor, in dem es Leerklammern gibt. Immer da, wo sie an (den Geliebten) denken, seien Sie dankbar für all das, was Sie im Zusammensein mit ihm von sich selbst wieder entdecken konnten. Studieren Sie all diese aufgetauchten oder widergekehrten Gefühle so genau Sie können. Aber dann wetzen Sie überall dort, wo Sie (mein Geliebter) denken, (meine Sehnsucht) oder (meine ungelebten Seiten) ein. Erzählen Sie Ihrem Partner offenherzig und schonungslos von Ihren Sehnsüchten und ungelebten Seiten, von dem, was Sie fühlen und erleben möchten. Das erfordert meist die Courage wie beim Sprung von einer hohen Klippe – aber wenn Sie ganz bei Ihrer Sehnsucht, bei der Offenbarung all Ihrer Träume und Fantasien bleiben, werden Sie sich wundern, wie viel Nähe, Lebendigkeit und offner Raum nach dem Sprung in die Angst und den Schmerz plötzlich entsehen.


In der Dreiecksbeziehung haben drei Angst vor Nähe

Das Dreiecksdilemma schreit eigentlich immer nach einer mutigen und echten Offenbarung und Annäherung. Wenn es auftaucht, dann vereinigt es immer drei Menschen miteinander, die ihren nächsten großen Heilung- und Entwicklungsschritt im Leben vor sich herschieben. Alle drei!!! am Dreieck Beteiligten sind in Wahrheit aufgefordert,
sich jeder für sich mit seinen Ängsten vor Verpflichtung und vor echter Nähe zu konfrontieren. Eine gesunde Partnerschaft braucht eigentlich zwei Menschen, aus deren stetiger Öffnung und Entwicklung sich immer wieder neu ein größeres Ganzes ergibt. Werden von diesen beiden Partnern wichtige, tragende Teile der Beziehung nicht gelebt, alte Verletzungen verdrängt und neue risikobehaftete Entwicklungen nicht zugelassen, fehlt der Partnerschaft etwas. Dieser „leere“ Teil wirkt wie ein Vakuum und sorgt so lange für Unterdruck, bis er – gegebenenfalls eben durch einen Dritten – gefüllt wird. Dann ist das System wieder komplett – wenn auch noch nicht intakt. Im Falle einer Dreiecksbeziehung ergeben drei Menschen dort zusammen hundert Prozent, wo zwei vielleicht nur fünfzig oder sechzig Prozent ergeben.

Der Dritte im Bunde verkörpert all das, was der Betrogene nicht auslebt. Nichts will der Betrogenen natürlich weniger wahrhaben, als dass der böse Dritte auch nur im Geringsten etwas mit ihm zu tun haben könnte. Mit diesem Menschen will er nicht reden, sich nicht auseinander setzen, nicht konfrontier werden – er soll einfach nur weg. Dieser Mensch lebt aber etwas aus, was dem Betrogenen zu seiner Ganzheit fehlt – ob er es nun wahrhaben will oder nicht. Deshalb ermutige ich die Betrogenen immer wieder zur möglichst ehrlichen inneren Auseinandersetzung mit dem Dritten im Bunde, dem wiederum natürlich all das in seiner Entwicklung so fehlt, was der Betrogene verkörpert. Beide – der Betrogenen und der Dritte im Bunde – sind meinst völlig aus ihrer Balance geraten, nur in jeweils entgegenbesetzen Richtungen.

Und der in der Mitte hätte schon lange in seiner ursprünglichen Beziehung in die Kommunikation und Konfrontation gehen sollen. Seine Aufgabe wäre es gewesen, Vorreiter zu sein, Neues in seiner Beziehung zu wagen, neue Richtungen aufzuzeigen, alten Verhaltensballast über Bord zu werfen und seinen Partner und gegebenenfalls die ganze Familie mit Geduld und unermüdlichem Engagement im täglichen Leben zu inspirieren und auf eine neue Ebene zu führen. Aber stattdessen läuft er vor dieser Verantwortung davon und bleibt dabei, sich lieber etwas vorzumachen und von idealen Partnerschaften besonderen Beziehungen, einem anderen Leben zu träumen und immer neuen Hoffnungen hinterherzujagen.

Wenn der Geliebte dann in sein Leben tritt, sagt er: Dieser Mensch ist so besonders, so inspirierend, so befreiend und einzigartig, dass sich alles in mir lebendig anfühlt. Aber er erkennt nicht, dass es die besonderen, einzigartigen Umstände sind, die alle so lebendig machen. Das wirklich Besondere, Einzigartige und Inspirierende ist, das er – zumindest zu Beginn – mit diesem Menschen im Augenblick lebt, ohne Ansammlungen von alten Erinnerungen, ehemaligen schlechten Erfahrung und Ansprüchen. Wenn es um den höchsten Seinszustand eine Menschen geht, landet jeder ernst zu nehmende, spirituelle Weg im Hier und Jetzt, spricht er von der Erleuchtung des Lebens im Augenblick.

In unserem normalen Leben, in unserer gewohnten Umgebung, in unserer vertrauten Beziehung nehmen wir den Augenblick kaum noch wahr. Wir vermeiden alles Mögliche, das wir bereits irgendwann einmal als schlecht oder schmerzlich erfahren haben. Wir träumen von allem Möglichtchen, das es noch zu erreichen gilt, weil dort unser Glück auf ns wartet. Wir haben alle möglichen Urteile und Vorstellungen wie etwas zu sei hat. Das Ergebnis ist: Wir haben unsere Partnerschaft zu Tode geplant und jegliche Lebendigkeit wegkontrolliert. Wir haben uns mit all unseren alten Ängsten und Ansprüchen gegenseitig so lange gelähmt, bis wir uns einander zwar einigermaßen sicher, dafür aber von jeglichem natürlichen Fluss abgeschnitten waren. Wir leben nicht mehr mit dem Menschen an unserer Seite, sondern mit unserem Bild von einem Partner – dem der Mensch an unserer Seite nur leider nicht gerecht wird.

Manchmal können wir dieses fast magische Phänomen – dieses Spiel, das unser Geist mit uns treibt – auch im Zeitraffer mit einem Geliebten erleben. Einmal kam eine Frau einige Zeit nach ihrer Affäre und ihrer Rückkehr in ihre Ehe zu mir in die Praxis. Sie hatte zufällig ihren einstigen Geliebten getroffen und dabei einen Lachanfall gehabt. Diese Begegnung war ihr peinlich, und gleichzeitig empfand sie sie als unglaublich befreiend: „Ich muss blind und taub gewesen sein. Damals war ich mir sicher, dass dieser Mann außergewöhnlich anziehen und übe alle Maßen attraktiv war. Jetzt, als ich ihn wiedersah, war es, als o die Wirkung einer Droge nachgelassen hätte: Ich sah einen dürren, schlecht angezogenen Allerweltsmann, der beim Sprechen einen starken Akzent hatte, wie ich ihn noch nie mochte. Irgendwann konnte ich ich mehr anders: Ich musste laut loslachen über dieses Erwachen aus einem Traum.

Von der Ehepartner-Raupe zum Geliebten-Schmetterling
(...)

Nur Unabhängigkeit ist schlimmer als Abhängigkeit

Hören Sie auf, unabhängig zu sein. Wissen Sie, was schlimmer ist als Abhängigkeit? Die Antwort lautet: Unabhängigkeit – weil sie der permanente Versuch ist, nicht abhängig tu sein. Verpflichten Sie sich Ihrem Partner ganz und gar. Damit ist aber nicht ausgedörrte, pflichtbewusste Treue gemeint. Sie sind vielleicht schon eine kleine Ewigkeit zusammen, aber Sie trauen sich nicht zu sagen, wie es wirklich in Ihnen aussieht. Das Fatale daran ist nur, dass jedes unausgedrückte oder gar verschwiegene Gefühl sich wie eine Wand zwischen Sie beide schiebt und eine tiefere Intimität verhindert. So spielen Sie uneingestanden Machtspiele und kämpfen ebenso unausgesprochen um Anerkennung wund Zuneigung. Und - was Ihnen wahrscheinlich am allerwenigsten bewusst ist: Sie konkurrieren – Sie wollen besser sein als Ihr Partner, damit dieser Sie nicht verletzen kann. Seien Sie mutig, und zeigen Sie Ihre Abhängigkeit und Angst. Ihre Beziehung kann nur gemeinsam geheilt und transformiert werden.

Wahre Heilung beginnt für einen Menschen erst mit wahrer Selbstverpflichtung zu einem anderen Menschen. Wirkliche Heilung einer Dreiecksbeziehung findet ihren Anfang in einem tiefen Wunsch nach Wahrheit und Mut, sich verletzlich zu zeigen. Was dann folgt, gleicht meinst einem ausgiebigen Spaziergang durch die Wüste: Verletzung und erneuter Verrat wechseln einander ab. Die mühselige Phase der Öffnung und Kommunikation scheint endlos zu zäh. Immer wieder taucht der Wunsch auf, einfach alles hinzuschmeißen. Genauso oft taucht die Versuchung auf, doch noch auf einen Traumpartner und auf eine ideale Lösung von außen zu hoffen. Aber wer immer wieder beim anderen daran glaubt, dass er all das in sich birgt, was für eine erfüllende Beziehung nötig ist, wird genau diese Eigenschaften in ihm wecken. Und so wird sich das einstige Loch, durch das ein Dritter in die Beziehung schüfen konnte, mit Wahrheit und Lebendigkeit füllen

Kürzlich hatte ich ein wunderbares Erlebnis. Ich war einige Tage beruflich alleine unterwegs. An einem der Abende dort war ich mit einem Mann verabredet, den ich vorher zweimal gesehen hatte aber nicht wirklich kannte. Wir gingen miteinander zum Essen, um dort einige berufliche Dinge zu besprechen. Ich hatte so etwas ewig nicht mehr erlebt: Aber einige Sätze reichten, und es lag was in der Luft. Wir lachten, als ob wir uns ewig kennen würden. Wir redeten über Berufliches ungewöhnlich offen und vertraut und forderten uns verbal heraus. Es begann regelrecht zu knistern am Tisch. Es war ein herrlich beschwingter Zustand, den ich unendlich genoss. Ich fühlte mich leicht, weiblich und von einem klugen und attraktiven Mann offensichtlich verehrt.

Das alles war wohltuend und erhebend. Wahrheft besonders war für mich aber etwas ganz anderes: Ich war frei. Ich fühlte mich völlig frei, diese Zuneigung eines fremden Mannes zu genießen. Und ich konnte sogar über diesen Umstand offen reden: Ob er merken würde, was hier am Tisch gerade unausgesprochen geschähe?, fragte ich den Mann. Er lächelte und nickte. Ohne Vorwarnung sagt ich ihm, wie angenehm ich es fände, von ihm umgarnt zu werden. Er war überrascht von meiner Offenheit. Wie zur Belohnung bekam ich im Gegenzug für diese Offenheit gleich einige äußerst schmeichelnde und treffsichere Komplimente. Ich genoss auch dies über alle Maßen und fragte den Mann, ob er wissen wolle, wieso ich so offen mit ihm über all das reden könne? Er wollte. Ich könne mich deswegen so beschwingt und frei fühlen, mich so offen auf diese Zuwendung einlassen, weil ich mich so tief mit meinem Mann verbunden fühle. Das wahrhaft herrlichste Gefühl von allen sei, dass ich genau deshalb weder Schuld noch Scham empfinden müsse, dass ich ihm genau deshalb so offen und weiblich begegnen könne. Dieser Mann war genau der Richtige für eine solche belebende Begegnung gewesen, denn er verstand sofort, was ich meinte.“

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