Montag, 6. Dezember 2010

Ach, um deine feuchten Schwingen...


Bild: Marianne von Willemener als Mädchen, Mininiaturgemälde Goethe-Nationalmuseum Weimar (Quelle Wikipedia)




Ach, um deine feuchten Schwingen...


Suleika

Ach, um deine feuchten Schwingen,
West, wie sehr ich dich beneide:
Denn du kannst ihm Kunde bringen,
Was ich in der Trennung leide!

Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen;
Blumen, Augen, Wald und Hügel
Stehn bei deinem Hauch in Tränen.

Doch dein mildes sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlider;
Ach, für Leid müßt' ich vergehen,
Hofft ich nicht, zu sehn ihn wieder.

Eile denn zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen!
Doch vermeid, ihn zu betrüben,
Und verbirg ihm meine Schmerzen!

Sag' ihm aber, sag's bescheiden:
Seine Liebe sei mein Leben;
Freudiges Gefühl von beiden
Wird mir seine Nähe geben.


aus Goethes  "West-östlichem Divan"


zur Erinnerung an seine Muse Marianne von Willemer 

an ihrem Todestag (vor 150 Jahren) 

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