Sonntag, 23. November 2008

Epikur über die Natur des Alls

Epikur - Aus dem Brief an Herodotos

Was nun die Himmelskörper angeht, so dürfen wir keinesfalls glauben, dass ihre Bewegung und Drehung, ihre Verfinsterung, ihr Aufgang und Untergang sowie alles, was auf der gleichen Linie steht, durch das Walten eines Wesens entstanden sei das es angeordnet habe, es gegenwärtig in Ordnung halte und weiter halten werde, eines Wesens, das in vollster Glückseligkeit und Unvergänglichkeit verharre. Denn Werktätigkeit, Sorgen, Zorn und Liebe sind mit dem Begriff „Glückseligkeit“ nicht in Einklang zu bringen, sondern sie sind Äußerungen der Schwäche und der Frucht und bedürfen eines Nächsten. (...) So müssen wir denn annehmen, dass im Uranfang, als die Zusammenballungen so manche in sich entschlossen und die Welt entstand, auch diese Gesetzmäßigkeit und Regelmäßigkeit der Abläufe mitentstanden ist. (..)

Erkennen wir ferner: In diesen Dingen gibt es nicht vielerlei Möglichkeiten und auch nicht die Annahmen, es könnte sich auch anders verhalten; sondern mit unvergänglicher und glückseliger Wesenheit ist Uneinigkeit und Unruhe unvereinbar und dass sich dies so verhält, begreifen wir, wenn wir darüber nachdenken. (..)

Die hauptsächlichste Ursache für die Beunruhigung der Menschenseele - das müssen wir uns alle klarmachen – kommt aus dem Glauben, die himmlischen Wesenheiten seien glückselig und unvergänglich und besäßen doch zugleich Wollen und die Möglichkeit, zu handeln und etwas zu verursachen. Das aber ist doch mit ihrer Seligkeit unvereinbar. Die Beunruhigung wird weiter durch die von den Mythen erregte ängstliche Erwartung ewiger Schrecken genährt und auch durch die Furcht vor der mit dem Tode eintretenden Empfindungslosigkeit, als ob sie diese dann noch etwas anginge. Und in diese Unruhe geraten sie nicht einmal auf der Grundlage fester Anschauungen, sondern durch unvernünftige Vorstellungen. (...) Und in diese Unruhe geraten sie nicht einmal auf der Grundlage fester Anschauungen, sondern durch unvernünftige Vorstellungen. (...)

Daher müssen wir auf die gegenwärtigen Empfindungen und Wahrnehmungen unsere Augenmerk richten, und zwar als Glied der Gemeinschaft auf die gemeinsamen, als Einzelmensch auf die persönlichen und dies mit der äußersten Klarheit in der Beurteilung der Merkmale. Denn wenn wir darauf achten, werden wir die richtige Ursache unserer Beunruhigung und Furcht angeben und sie bannen können, indem wir die Ursache der Himmelserscheinungen und alles dessen was uns zustößt, erkennen. Vorgänge, die die übrigen Menschen in die Äußerste Furcht versetzen. (..)

Das sind, mein lieber Herodotos, die hauptsächlichsten Erkenntnisse über die Natur des Alls (...)

Alle die aber, die noch nicht vollkommen in die Lehrer eingedrungen sind, werden aus diesen Darlegungen auch ohne mündliche Unterweisung sich mit der Schnelle des Gedankens einen Überblick über das Wichtigste und damit Beruhigung der Seele verschaffen.

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