Montag, 8. März 2010

Bewältiger und Mitgestalter

Zwei Sichtsweisen... Petersberg bei Bonn

Bei schwächen wird gern auf die eigene Erziehung verwiesen. Dabei prägen wir unsere Persönlichkeit größtenteils selbst.

".. Das in der Kindheit Erlebte wirkt offenbar weit weniger prägend, als bislang angenommen. Genetische Veranlagung spielt eine erhebliche Rolle. Das belegten Verhaltensgenetiker von den Universitäten Bielefeld und Saarbrücken, die die Persönlichkeitsstruktur von 300 eineiigen und zweieiigen Zwillingspaaren getestet haben.  (...) Dennoch legten es die Ergebnisse nahe, ein Neugeborenes nicht mehr als „unbeschriebenes Blatt“ zu sehen, das seine Konturen dann in den ersten Jahren vor allem durchs Elternhaus bekommt.

Das Gedächtnis färbt das Bild von unserer Vergangenheit

Neben dem genetischen Rüstzeug und der Erziehung entscheidet ein weiterer, bisher unterschätzter Faktor über unser Lebensglück: wie wir mit den Umständen umgehen, die uns begleiten. Und: wie wir unsere Vergangenheit sehen. Denn da beschummelt uns das Gehirn. Bei überwiegend negativen Erinnerungen unterdrückt es positive Ereignisse – und umgekehrt –, um insgesamt ein stimmiges Bild zu präsentieren. Ein Phänomen, das der Bielefelder Professor Hans J. Markowitsch als „False Memory- Problematik“ bezeichnet. Die Weinheimer Diplom-Psychologin Ursula Nuber spricht von einem „Erinnerungsfilter“, den wir einlegen, um unsere Vergangenheit als für uns schlüssiges Ganzes zu betrachten. Dieser Filter könne die Wirklichkeit verzerren. (...) Selbst den wohlwollendsten Eltern gelingt es kaum, ihren Kindern nur Gutes zu tun. Fehler gehören zur Erziehung. Die Frage ist, ob wir ihre Wirkung auf uns passiv hinnehmen – oder sie aktiv zur Veränderung nutzen. „Solange wir uns als hilfloses Opfer unserer Vergangenheit sehen, erkennen wir nicht, welches Potenzial in unseren speziellen Kindheitserfahrungen liegt“, sagt die Psychologin Ursula Nuber.

Negative Erlebnisse können positiv umgewertet werden

Eltern verantworten nicht pauschal unser ganzes Leben

(...)  Eine neue Strömung in der Psychologie nimmt also Abstand von elterlicher Pauschalverurteilung. Corina Wustmann vom Zürcher Marie Meierhofer-Institut: „Menschen werden jetzt mehr als aktive Bewältiger und Mitgestalter ihres Lebens gesehen.“ Der Fokus werde auf das gesetzt, was gesund mache. „Je mehr es jemandem gelingt, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen und Vertrauen in seine eigene Wirksamkeit zu gewinnen, desto besser geht es ihm.“«


Ausschnitte aus dem Artikel  "Mama ist nicht an allem schuld",
"Für Sie", Nr. 05/2010 vom 16. Februar 2010 

auch online unter:
http://www.fuer-sie.de/partnerschaft/mamaistnichtschuld.html

1 Kommentar:

Doleys hat gesagt…

Dazu paßt :

INVICTUS (Unbesiegt)

Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.

In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.

Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

William Ernest Henley (1849–1903)
(heute mit Übersetzung in der FAZ)