Konflikt zwischen Treue und Machtgier: Walter Ullrich (links) als Wallenstein. Foto: Theater
Rekordverdächtig: "Wallenstein"-Kurzfassung in Bad Godesberg
Bonn. Vor gut zwei Jahren hat Regisseur Peter Stein in Berlin einen gigantischen Schiller-Gedenkgottesdienst zelebriert: "Wallenstein" komplett, was geschlagene zehn Stunden Bühnenarbeit bedeutete.
Im Kleinen Theater Bad Godesberg geht man unter der Regie von Hans Thoenies das Ganze von der anderen Seite an: "Wallenstein" so knapp wie möglich, in rekordverdächtigen zwei Stunden (inklusive Pause).
Man hat Schillers "dramatisches Gedicht" in Bad Godesberg nicht gekürzt, man hat es skelettiert, allerdings auf eine sehr kluge Art. Naturgemäß ist dabei vieles auf der Strecke geblieben, vor allem die eigentliche Anlage des Schauspiels, das sich von außen in gleichsam konzentrischen Kreisen immer mehr ins Innere der Macht (und der handelnden Personen) vorarbeitet.
Das umfangreiche Vorspiel "Wallensteins Lager" etwa, das ein fesselndes Panaroma des Dreißigjährigen Krieges entwickelt, existiert nicht (es wäre auf der kleinen Bühne wohl auch nicht darzustellen gewesen).
So hat man's mit einem Kammerspiel zu tun, das nach sehr gemächlichem Beginn deutlich an Fahrt aufnimmt und gegen Ende etwas von einem düsteren Krimi mit mörderischer Zuspitzung hat.
Regisseur Thoenies konzentriert sich ohne jede Umschweife auf Aufstieg und Fall des Feldherrn Wallenstein, auf einen ebenso verwegenen wie rätselhaften Charakter, der im Dreißigjährigen Krieg vom kaiserlich-katholischen Lager zu den protestantischen Schweden überlaufen will.
Wallensteins Konflikt zwischen Treue und Machtgier ist in dieser Kurzfassung pointiert skizziert, und Walter Ullrich in der Titelrolle tut das Seine dazu, um einer der spannendsten Figuren der Kriegsgeschichte Konturen zu geben: Er ist der Zauderer und Taktierer, der sich im Labyrinth der Intrigen und Täuschungen verirrt; am Ende gibt Ullrich seinem Wallenstein einen berührenden Hauch von Einsamkeit und Welt-Abgeschiedenheit.
Es liegt in der Natur der Kompakt-Inszenierung, dass sie ihren Figuren kaum Zeit lässt, sich zu entwickeln; wer hier mitspielt, muss von Beginn an präsent sein. Das gelingt den Beteiligten - der Bad Godesberger "Wallenstein" kommt mit elf Schauspielern aus - in erstaunlichem Maße, speziell das junge Paar (Ingo Heise als Max Piccolomini und Ivana Langmajer als Thekla) findet zu einem schönen Ton voller Leidenschaft und Idealismus.
Manfred Molitorisz als Wallensteins Gegenspieler Octavio Piccolomini beherrscht die Kunst der Undurchschaubarkeit, Johannes Prill als kaiserlicher Gesandter Questenberg setzt aufs Diabolische, Heiko Haynert (Buttler) ist ein rechter Haudegen, Dagmar von Kurmin (Gräfin Terzky) kennt den meisterlichen Umgang mit dem Wort. Dazu kommen in durchweg überzeugend angelegten Porträt-Studien Erwin Geisler, Matthias Kiel, Frank Ferner und Stefan Krause.
"Wallenstein", bis zum 24. November und vom 6. bis zum 12. <13.> Dezember im Kleinen Theater Bad Godesberg;
Karten: (02 28) 36 28 39.
Text von Schillers Wallenstein im Netz:
www.wissen-im-netz.info/literatur/schiller/wstein/tod/index.htm
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